Text und Fotos: Bernd Limbach
Sie wollen es wahrscheinlich gar nicht glauben, aber auch in unserer Sektion Beckum wird die ein oder andere klitzekleine Expedition durchgeführt. Sogar von unserer Jugendgruppe!
Nach wochenlangen peniblen Vorbereitungen wachten die Teilnehmer mit einem leichten Kribbeln im Bauch auf, schlüpften in ihre Expeditionskleidung und machten sich für den langen Zustieg bereit.
Expeditionsleiterin war unsere Johanna, Leiterin der JDAV-Gruppe. Die stellvertretende Leitung hatte Martina aus der Klettergruppe Breitensport inne, die uns auch die Klettererlaubnis des DAV Köln organisiert hatte. Als guter Geist war Nele mit von der Partie, die aufgrund ihres noch nicht vollständig auskurierten Kreuzbandrisses zwar nicht klettern konnte, aber eine unerschütterliche moralische Unterstützung ausstrahlte und damit den Expeditionsteilnehmern Sicherheit und Zuversicht gab. Als Jungalpinistinnen waren Veronica und Carolin mit an Bord. Aus der Klettergruppe Breitensport verstärkten Jessica, Jens und Tobi das Team. Chronist Bernd fiel die Aufgabe zu, das Erlebte für die Ewigkeit der alpinen Chronik Beckum festzuhalten. Natürlich durfte der Sherpahund Sam nicht vergessen werden, der neben der kompletten Verantwortung das ganze Expeditionsteam während seines Zustiegs vor bösen japanischen Geistern und Mangadämonen schützte. Sie sehen, es war eine kleine, handverlesene und illustre Expeditionstruppe, die, wie sich herausstellte, sich durchaus auf den Alpinstil verstand.
Der Zustieg war mehr ein Zugstieg und so trafen sich die ersten Teilnehmer am Bahnhof in Oelde und starteten mit Zwischenstopp in Ahlen ihren Weg nach Westen. Es war aber schon das erste Missgeschick passiert, die beiden Jungalpinisten Veronica und Carolin waren zurückgeblieben und so wurde von der Expeditionsleitung entschieden, die Akklimatisierung der Truppe zu verbessern. Wir fuhren zurück nach Oelde. Mit dem NRW-Ticket war dies ja kein Problem.
Der Andrang auf dem Zugstieg war immens, egal an welchem Zwischenstopp wird hielten. Der Zug machte den Eindruck überfüllter Busse, wie man dies von der nepalesischen South-Col-Route am Mount Everest kennt. Es herrschte wahnsinniges Gedränge, es fehlten nur noch zusammengebundene gackernde Hühner im Handgepäck. Das wäre ein Spaß gewesen!
Kaum waren die beiden Jungalpinistinnen eingesammelt, da zeigte sich bereits das möglicherweise zweite Problem. Unsere Expeditionsleiterin Johanna klagte über Kopfschmerzen. Waren diese ein Anzeichen einer beginnenden Höhenzugkrankheit?
Alles halb so schlimm, mit Singsang von Expeditions- und Kinderliedern wurden die Kopfschmerzen vertrieben.
Eh wir es realisiert hatten, waren wir schon am Bahnhof Köln-Deutz angekommen, drängten uns voller Vorfreude aus dem Zug und begannen den finalen Zustieg zu den aus Muschelkalk aufgebauten und strukturierten Blöcken der Hohenzollernbrücke. Mit neugierigen Blicken wurden das Gelände und die Umgebung begutachtet. Schnell waren drei Topropes eingerichtet und die ersten Begehungen wurden in Angriff genommen. Das klappte ja besser als gedacht! Da hatte sich das intensive Training in unserer sektionseigenen Kletteranlage ausgezahlt. Zwar waren kleinere Schwierigkeiten zu überwinden, da sich die Struktur des Muschelkalks erheblich von der bekannten Struktur in der Kletteranlage unterschied, diese wurden aber von allen bravurös gemeistert!
Begannen wir am späten Vormittag im sonnendurchfluteten Teil des Klettergartens, so forderte die intensive Höhensonne doch ihren Tribut. Nicht nur das Auftragen eines Schutzmittels mit hohem Lichtschutzfaktor war ratsam geworden. Auch die Verlagerung der Kletteraktivitäten in den schattigen südlichen Felsteil wurde notwendig. Dort konnte z. B. noch eine schöne Verschneidung geklettert werden. Hier sprechen aber wieder Bilder mehr als tausend Worte.
Teil einer jeden Expedition ist generell auch das Kennenlernen der lokalen Gepflogenheiten und Riten, so wurden auch einige der bekannten elf kölschen Gebote praktiziert. Besonders zu nennen wären „Et es wie et es.“, „Et kütt wie et kütt.“, „Et hätt noch emmer joot jejange.“ und „Wat willste maache?“. Von der kölschen Volksgruppe blieb uns allen haften: „Jeder Jeck is anders!“
Und auch die nähere und weitere Umgebung rund um die Muschelkalkkletterei wurde erkundet, allen voran der Ausflug zu dem großen Konsumtempel für angehende Abenteurer, der sich Globetrotter nannte. Besonders die beiden Jungalpinisten Veronica und Carolin wagten sich aber ebenfalls auf den lokalen Markt, um Souvenirs käuflich zu erwerben, für den Chronisten viel zu gefährlich!
Auf eine Besonderheit sei noch hingewiesen. Völlig unterschätzt von der Klettergemeinde, war der mitten in Colonia stehende altrömische Boulderblock des Typs Aquädukt zu bewundern. Schon die alten Römer erkannten die völlig unnütze Verwendung ihrer Aquädukte. Sie glauben gar nicht, wie weit aufgerissen Augen der Expeditionsteilnehmer sein konnten. Wir beließen es allerdings beim visuellen Bestaunen und zogen weiter.
Zum Schluss möchten wir Ihnen noch einige Stimmen der Expeditionsteilnehmer nicht vorenthalten:
Chronist Bernd: „Und? Was ist euer Fazit der Expedition?“
Veronica: „Für mich war es total neu. Mir hat es viel Spaß gemacht.“
Caroline: „Ich fand es total gut. Das war etwas völlig anderes als das, was ich bisher gemacht habe.“
Martina: „Super! Besser, als ich erwartet hatte. Die Wertung der Routen war angemessen. Es war ein Jugendklettererlebnis bei sehr anständigen jungen Nachwuchskletterern.“
Jessica: „Es war total schön. Mir tun die Fingerspitzen weh und ich konnte die Wasserflasche nicht mehr halten.“
Johanna: „Gerade weil wir so wenige waren, war es super. Das Wetter war bombastisch und es war eine erste gute Erfahrung für draußen. Tolle Aussicht auf den Nil.“ (Das mit dem Nil ist aber rheine Ansichtssache! Chronist Bernd)
Nele: „Die haben keine krüppelgerechten Routen und der Tunnelboulder überzeugte lediglich vom Anschauen.“
Tobi: „Ich schließe mich allen anderen an.“
Jens: „Ja.“
Damit endet der Bericht über die erste Hohenzollern-Expedition der Sektion Beckum im Alpenverein.